Arbeitsgemeinschaft Modell-Fort Sanssouci e.V.
Vereinigung zur Erforschung und Erhaltung preußischer Festungsbauten

Geschichte und Bedeutung

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Worin liegt die Bedetung des Modell-Forts im Park von Sanssouci?

Das Modell-Fort ist ein einzigartiges, ursprüngliches Zeugnis aus der frühesten Periode der Panzerfortifikation.
Da diese Befestigungsweise prägend für das gesamte zwanzigste Jahrhundert war, handelt es sich bei diesem Festungsmodell um ein baugeschichtliches Denkmal von europäischem Rang.




Zeittafel

Bei dem Bauwerk handelt es sich um das Modell eines Dreiecksforts im Maßstab 1:10 (Lange ca. 40 m, Tiefe ca. 15 m) nach Brialmont. Die Anlage gliederte sich in ein 1. Zentralwerk mit Kaserne, Grabenwehr und Graben an der Kehle, 2. einer rückwärts gerichteten Grabenwehr an der Spitze der Facengräben sowie 3. zwei Anschlußbatterien, deren Kehlen ebenfalls von Grabenwehren gesichert waren. Die ganze Anlage beherbergte 20 offene oder unter Panzerschutz gestellte Feuerstellungen und wurde von einem breiten Trockengraben mit ausgemauerter Kontereskarpe gesichert, dem ein leicht abfallendes Glacis vorgelegt war. Wahrscheinlich wurde es von der Firma Krupp zur Verkaufsförderung finanziert und als Entscheidungshilfe für den Kaiser für die damals neue Technik der Panzerfortifikation gebaut. Es diente sowohl zur Veranschaulichung, Vorführung und Erprobung der Prinzipien des neuen Befestigungsweise als auch neuer Typen von Geschützen sowie der Arten ihrer Panzerung.

Der Baumeister war Julius Diener (geb. 1841), ab 1877 Prinzenerzieher des späteren Kaisers Wilhelm II. in Fragen des Festungsbaues, 1877-1880 Dienst in der Fortifikation Straßburg, von 1882-1889 Ingenieur-Offizier vom Platz in Spandau, ebenfalls 1882-1886 im Ingenieurkomitee tätig, ab 1889 bei der Firma Krupp als Abteilungschef für Festungsbau im Kanonen-Ressort bis1905.

1890 – 1893
Die Firma Gruson führte auf dem Truppenübungsplatz Tangerhütte die Modelle neuer Festungswaffen und –panzer vor, die von dem Ingenieur Maximilian Schumann entwickelt worden waren. Er hatte damit wesentliche technischen Grundlagen der zukünftigen Panzerbewaffnung von Festungen geschaffen und einen bedeutenden Vorsprung gegenüber dem Hauptkonkurrenten Krupp erreicht. In den Jahren 1892/93 übernahm die Firma Friedrich Krupp das Magdeburger Gruson-Werk, um ihren Platz als führender deutscher Waffenhersteller behaupten zu können, zugleich wird diese Firma Generalanbieter für Panzerbefestigungen.

22.12.1892
Kaiser Wilhelm II erließ eine Allerhöchste Kabinettsorder, mit der Grundsatzentscheidung, alle Festungen zu modernisieren und alle dort eingebauten Geschütze unter Panzerschutz zu stellen. Dem waren mehrjährige Diskussionen über die notwendigen Veränderungen im Festungsbau vorausgegangen, nachdem die ab 1883/85 eingeführte Brisanzgranate den Verteidigungswert aller in Ziegel-Erdbauweise errichteten Festungen in dramatischer Weise herabgesetzt bzw. eingeschränkt hatte. Um die noch offene Frage zu klären, welche der vorgeschlagenen Geschützpanzerungen am Besten geeignet wäre, wurde beschlossen, ein Fort-Modell zu errichten.

1892, zweite Jahreshälfte
vermutlich wurde in dieser Zeit mit der Planung der Bauarbeiten und der Fertigung der Geschützmodelle begonnen

1. Halbjahr 1893
Bauzeit der Modell-Forts, wahrscheinlich waren 3-4 Maurer und Stukkateure geschätzte 2-3 Monate am Bauwerk tätig. Jedes Bauteil ist frostfrei fundamentiert und in hoher handwerklicher Kunst gemauert, die in Zementputz ausgeführten Beton-Modellierungen sind von erstaunlicher Präzision.

14.7.1893
Oberstleutnant a. D Julius Diener versandte einen Bericht über das Modell-Fort an seinen Dienstherren Alfred Krupp, der als einziges überliefertes Exemplar die Grundlage für die heutige Erforschung des Festungsmodells bietet und der 2001 von Prof. W. Lacoste und P. Skibbe veröffentlicht wurde.

August 1893
Nach dem Zeugnis von J. Diener wurde das Modell zu Ende Juli 1893 fertiggestellt. Wahrscheinlich in der ersten Augustwoche wurde es an den Kaiser in feierlicher Form übergeben, der bei einem Schmaus den Maurerpolier mit dem „Allgemeinen Ehrenzeichen“ dekorierte.

nach 1900
nach Berichten von Zeit- und Augenzeugen wurden die kaiserlichen Prinzen beim Spielen am Modell-Fort beobachtet, daher wohl der volkstümliche Name „Prinzenfort“. Wahrscheinlicher ist es aber, daß der Kronprinz und seine Brüder hier im Rahmen ihrer militärischen Ausbildung Anschauungsunterricht in Fortifikationstheorie erhielten.
1970-1980 mehrfach ist von Zeitzeugen verbürgt, das noch mehrere Geschützmodelle zu finden waren, die sowohl von Hand gedreht als auch ein- und ausgefahren (Senkpanzerturm-Modelle) werden konnten. Im Jahr 1990 war nur noch eine der gußeisernen Panzerkuppeln vorhanden.

seit 1990
fortschreitende, bis zum Substanzverlust gehende Schäden durch Vandalismus und Vernachlässigung.

1.8.2004
aus Anlaß des 111. Jahrestages der Übergabe an den Kaiser wurde die „AG Modell-Fort Sanssouci“ gegründet. Ziel des Vereins ist die denkmalgerechte Erhaltung/Instandsetzung und angemessene touristische Präsentation des Miniaturforts auf der Basis ehrenamtlicher Tätigkeit.

November 2004
Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) lässt das Modell-Fort zur Konservierung vor übergehend mit Erde abdecken. Die AG Modell-Fort setzt sich seitdem für die Freilegung und Restaurierung des Denkmals ein.

August 2007 Die SPSG und die AG-Modell-Fort kommen überein, ein Konzept zur Restaurierung, Sicherung und angemessenen touristischen Präsentation des Model-Forts zu erarbeiten, um das Denkmal wieder von seiner Abdeckung zu befreien.

September 2008
Als erster Schritt in Richtung einer touristischen Präsentation wird am Standort des Modell-Forts im Park Sanssouci eine Informationstafel aufgestellt.

August 2010
Durch die Universität Potsdam wird das Areal geophysikalisch vermessen.



Was war die fortifikatorische (festungsbautechnische) Fragestellung, die am Modell-Fort entschieden werden sollte?

Es gab seit ca. 1890 als Ergebnis der Brisanzgrananten-Krise eine internationale Debatte um die richtige Antwort auf die neue Granante.

Der bei Kaiser Wilhelm II. im hohem Ansehen stehende belgische Festungsbaumeister Brialmont bevorzugte als Lösung für die Zukunft sogenannte Panzereinheitswerke, das heißt die Zusammenfassung von Artillerie und Infanterie in einen Werk, dem Einheitswerk. Dieses Werk sollte mit massierter Artillerie ausgestattet sein und auf einem möglichst sparsamen Grundriß errichtet werden, bevorzugt wurde ein Dreieck.

Die deutschen Festungsingenieure dagegen sprachen sich für eine Trennung von Artillerie und Infanterie in verschiedenen Werken aus.
Aber selbst dabei gab es verschiedene Auffassungen:

a.) die Forts sollten Infanterie-Stützpunkte sein, die Artillerie sollte in den Zwischenräumen in sogenannten Panzerbatterien untergebracht werden

b.) die Forts sollten Artillerie-Stützpunkte sein (entspricht dem Panzerfort nach Brialmont, aber eben nicht als Einheitswerk) und die Infanterie sollte in den Zwischenräumen in vorbereiten (Halb)-permanenten Stellungen oder einfachen Feldbefestigungen untergebracht werden.
Alle diese Fragen standen zur Debatte und sollten entschieden werden, das Modell-Fort müßte also entsprechende Vorstellungen abgebildet haben. Und in der Tat, so ist es:

- Das Zentralwerk in Dreiecksform ist ein von Brialmont gefordertes Panzereinheitswerk mit sehr schwerer Bestückung.

- Die von den deutschen Ingenieuren geforderten, vom Infanteriewerk getrennten, schweren Panzerbatterien finden sich den beiden Anschlußbatterien verwirklicht, wobei vor allem die rechte Batterie eine großkalibrige Bestückung aufweist.

- Die Erprobung von Fahrpanzern und ungepanzerter Geschütztypen verweist auf weitergehende Vorstellungen der räumlichen Trennung von Artillerie und Infanterie.

Allein am Modell ließ sich der Streit um die günstigste Bauform und die geeignetste Geschützausstattung nicht entscheiden, aber sieht man sich nachfolgende Großprojekte an, so wird einiges deutlich. Rudi Rolf verweist zu Recht darauf, daß bei der Feste Kaiser Wilhelm II (Mutzig-Molsheim) die Konzeption des dreieckigen Panzereinheitswerks nach Brialmont (des Zentralwerks unseres Modell-Forts) in reiner Form verwirklicht wurde, in taktischer Hinsicht auch in der Festung Thorn bei der Panzerbatterie auf dem Buchta-Berg.

Die Diskussion ging allerdings weiter und die Unterschiede in den Positionen relativierten sich, bis schließlich im Jahr 1897 die Entscheidung fiel. In einer AKO vom 30. Juni 1897 heißt es: „Die Verstärkung unserer großen Festungen ist grundsätzlich in der Anlage von Batterien unter Panzerschutz zu suchen.“ Es entwickelten sich Gruppenbefestigungen bzw. –werke, die von dem zur Romantik neigenden Kaiser als „Festen“ bezeichnet wurden. Rudi Rolf kennzeichnet das Konzept der Feste wie folgt: „Auf dem Gelände der Feste ist sowohl Artillerie als auch Infanterie stationiert, und beide sind Teile eines selbständig operierenden Ganzen. (…) Das meiste hat die Feste diesbezüglich mit den Sperrforts gemein, die als eigenständige Infanterie- und Artillerieinseln jeweils ein großes Operationsgebiet kontrollierten.“ (1)

Obwohl Rolf das Modell-Fort nicht erwähnt, ist augenscheinlich, das es sich hier um den Prototyp der späteren Festen handelt, außerdem verhalf das Modell der bis dahin in Deutschland ungeliebten Panzerfortifikation zum Durchbruch, die ihrerseits prägend für den Wehrbau der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde. Dabei handelt es sich um eine internationale Diskussion und ebenfalls um internationale technische Entwicklungen, die in Deutschland zwar etwas später als in England und Frankreich begannen, dafür aber dann mit um so größerer Geschwindigkeit vorangetrieben wurden.

Dipl. phil. Peter Feist, 2004

(1) Rolf, Rudi: Die deutsche Panzerfortifikation. Die Panzerfesten von Metz und ihre Vorgeschichte, Osnabrück 1991, S. 83



Bewaffnung


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